Die Zahl der Erkrankungen an bösartigen Neubildungen insgesamt ist in den letzten Jahrzehnten österreichweit gestiegen. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Grund dafür ist in erster Linie die Alterung der Bevölkerung. Das Nachrücken der starken Baby-Boom-Generationen aus den 1950er und 1960er Jahren ins Pensionsalter wird eine weitere Steigerung von Neuerkrankungen und Sterbefällen an bösartigen Neubildungen bewirken, da Krebserkrankungen hauptsächlich im höheren Alter auftreten. Allerdings fällt der prognostizierte Zuwachs deutlich schwächer aus, als bloß auf Basis der demographischen Veränderungen zu erwarten wäre. Darin spiegeln sich die sozialen und gesundheitsbezogenen Fortschritte wider, die einen dämpfenden Einfluss auf die Entwicklung von Krebsinzidenz und Mortalität ausüben. Darunter fallen beispielsweise vermehrte Vorsorgeangebote und verbessertes Vorsorgeverhalten. Gemessen an den altersstandardisierten Inzidenz- und Mortalitätsraten waren in der Vergangenheit für alle Tumorlokalisationen zusammen bei beiden Geschlechtern langfristig sinkende Erkrankungs- und Sterbehäufigkeiten zu beobachten. Dies wird sich insgesamt auch in der Zukunft fortsetzen. Diese Entwicklung gilt aber nicht für alle Lokalisationen. Einzeln betrachtet sind bei bestimmten Krebserkrankungen auch steigende Häufigkeiten zu beobachten. Die prognostizierte Gesamtentwicklung ist die Summe von 16 (Gruppen von) Lokalisationen, die getrennt vorausgeschätzt wurden (Bottom-up-Ansatz der Prognose). Detaillierte Ergebnisse, Hintergrundinformationen und Berechnungsmethoden werden im Bericht „Trends der Entwicklung von Krebserkrankungen in Österreich, Eine Prognose bis 2030“ (PDF 6,81MB) dargestellt.
Eine ausführliche methodische Beschreibung der Prognose
von Krebsinzidenz und Krebsmortalität bis 2030 wurde in der Fachzeitschrift
„Demographic Research“ publiziert: Klotz, J., Hackl, M., Schwab,
M., Hanika, A., und Haluza, D. (2019): „Combining population projections
with quasi-likelihood models: A new way to predict cancer incidence
and cancer mortality in Austria up to 2030“. Demographic Research,
Volume 40, Artikel 19, S. 503
Insgesamt steigt die Krebsinzidenz für Österreich
laut Trendvariante zwischen 2009 und 2020 von
Die Zahl der Sterbefälle an Krebs, deren Trend seit
Beginn der Jahrhundertwende leicht steigend ist, wird auch in Zukunft
weiterhin zunehmen. 2009 wurde bei
Die künftigen Entwicklungen für Männern und Frauen verlaufen ziemlich parallel. Insgesamt erkranken und sterben mehr Männer an Krebs als Frauen. Auffallend sind jedoch die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Lungenkrebs: Während bei den Männern der Trend stark sinkt, zeigt er bei den Frauen infolge geänderter Lebensweisen, insbesondere durch verstärkte Rauchgewohnheiten, eine stark ansteigende Tendenz.
Nach den neun österreichischen Bundesländern differenziert ist künftig überall mit einem Anstieg der Krebsinzidenz und Sterbefälle zu rechnen. Dies gilt auch für die Bundeshauptstadt Wien, wo die Absolutzahl der Sterbefälle an bösartigen Neubildungen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen ist.
„Die Trendvariante,
die auch als Hauptvariante der Vorausschätzung gilt, schreibt die rezenten
Trends in den alters- und geschlechtsspezifischen Neuerkrankungs- und
Sterberaten auf Bundeslandbasis in die Zukunft fort. […] Die Verknüpfung
dieser Extrapolationen mit der mittleren Variante der aktuellen Bevölkerungsprognose
für Österreich und die Bundesländer ergibt die künftige Zahl von
Neuerkrankungen“ (Methodische Erläuterungen, in der Publikation auf
Seite 30; Siehe dazu auch: Hanika A., Zukünftige Bevölkerungsentwicklung
Österreichs und der Bundesländer 2013 bis 2060 (2075). Statistische
Nachrichten 11/2013: 1010
Das bedeutet, dass allen prognostizierten Entwicklungen der Inzidenzfälle ein Zusammenspiel von vergangenen Trends der altersspezifischen Inzidenzraten und zukünftigen Trends in der Bevölkerungsentwicklung zugrunde liegen.
Die Bevölkerungsprognose zeigt, dass Österreich in Zukunft mehr ältere Menschen zählen wird – einerseits steigt die Lebenserwartung und andererseits kommen die starken Baby-Boom-Jahrgänge ins höhere Alter, letzteres ist der treibende Motor des künftigen Alterungsprozesses. Die demographische Alterung ist bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen und in den westlichen Bundesländern stärker als in Wien.
Um den Einfluss vergangener Trends der Inzidenzraten beurteilen zu können, wurden in Tabelle 11 (in der Publikation auf Seite 39) des vorliegenden Berichts die Trendparameter für die einzelnen Lokalisationen bzw. Lokalisationsgruppen dokumentiert.
Lesebeispiel: Darmkrebs
(C18-C21), Männer
Die Zeitspanne, die der Beurteilung des Trends in der Vergangenheit
zugrunde liegt, wird als Stützperiode bezeichnet. Das Anfangsjahr dieser
Periode war 1996. Das Endjahr war bei allen Lokalisationen bzw. Lokalisationsgruppen
2009.
Zwischen 1996 und 2009
wurde allgemein ein rückläufiger Trend der Inzidenzraten beobachtet.
Dieser Trend war in den Bundesländern Tirol, Vorarlberg und Steiermark
mit etwa minus 2 Promille
Betrachtet man die altersstandardisierten Inzidenzraten nach Bundesländern (in der Publikation auf Seite 62, rechts unten), dann sieht man in der Prognose den allgemein rückläufigen Trend ebenso wie die deutlich mildere Ausprägung in den genannten Bundesländern.
Bei der Entwicklung der absoluten Zahlen wirkt dieser rückläufige Trend der Inzidenzraten der Zunahme und Alterung der Bevölkerung entgegen. Grundsätzlich wäre rein auf Grund der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung von einer Zunahme der Erkrankungsfälle auszugehen. Ist nun der rückläufige Trend der Inzidenzraten gering, so wird die die Zunahme der Erkrankten nur abgeschwächt. Ist der Rückgang des Erkrankungsrisikos hingegen groß, dann kann es trotz der demographischen Alterung zu einem Rückgang der Anzahl der erkrankten Personen kommen.
Ob die vergangenen Trends der Inzidenz tatsächlich die Realität abbilden oder durch statistische Artefakte (z.B. unterschiedliche Vollzähligkeiten) überlagert sind, kann nicht immer eindeutig entschieden werden. Bekannte Artefakte wurden berücksichtigt und sind in der vorliegenden Publikation im Unterkapitel „Spezielle Dummys- und spezielle Trendvariablen“ beschrieben (Seite 36).