Pressemitteilung:
1.472.000 Menschen in Österreich waren 2019
armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, davon 303.000 Kinder und Jugendliche
unter 18 Jahren
Wien, 2020
Auch
227.000 armuts- oder ausgrenzungsgefährdete
Personen weniger als 2008
Die Europa
Bisher wurde keine Nachfolgestrategie durch die Europäische Kommission präsentiert, weshalb weiterhin der nach EU-Definition gemessene Indikator "Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung" als zentrale Kennzahl für Armut herangezogen wird. Er wird anhand von Daten aus EU-SILC 2019 ermittelt (siehe Tabelle 1):
- 13,3 % bzw.
1.161.000 Personen waren armutsgefährdet, - 2,6% bzw.
223.000 Personen waren erheblich materiell benachteiligt und - 7,8% bzw.
507.000 Personen (unter 60-Jährige) lebten in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität.
Da diese Merkmale in Kombination auftreten können,
ist die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten geringer als
die Summe der drei Einzelindikatoren.
Soziale Ausgrenzung bedeutet für Kinder und Jugendliche mangelnde Lebenschancen
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren machten im Jahr 2019
etwas mehr als ein Fünftel (21% bzw.
Das Aufwachsen in einem Haushalt mit geringem Einkommen oder Erwerbslosigkeit ist oft mit mangelnder sozialer Teilhabe für diese Kinder und Jugendlichen verbunden (siehe Tabelle 3): Für Kinder bis 15 Jahren aus armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Haushalten ist es häufiger nicht leistbar, Freunde zum Spielen oder Essen einzuladen (8% gegenüber 2% in Haushalten ohne Ausgrenzungsgefährdung). Andere Freizeitaktivitäten wie Sport- oder Musikkurse, die mit Kosten verbunden sind, können ebenfalls seltener in Anspruch genommen werden: 22% der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten können sich das für ihre Kinder nicht leisten (gegenüber 3% ohne Ausgrenzungsgefährdung). Aus finanziellen Gründen keinen PC im Haushalt haben 36% aller unter 18-jährigen Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten, aber nur 10% aller anderen Jugendlichen.
EU-SILC-Modul 2019: Sowohl Bildung als auch ökonomischer Status werden vielfach "vererbt"
Das Sondermodul zur Erhebung EU-SILC 2019 hat sich schwerpunktmäßig der Frage gewidmet, inwiefern Benachteiligungen, die bereits im Elternhaushalt vorliegen, auf die nächste Generation übertragen werden. Die ökonomische Situation des Elternhaushalts bestimmt die aktuellen Lebensbedingungen der Kinder, aber auch ihre Zukunftschancen. 41% aller 10- bis 14-Jährigen aus nicht-ausgrenzungsgefährdeten Haushalten besuchen eine AHS-Unterstufe, hingegen nur 23% aus armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Haushalten. Der Besuch einer Hauptschule oder NMS ist für Jugendliche aus Haushalten mit Armutsbetroffenheit wesentlich wahrscheinlicher (in Summe 76%) als für jene ohne Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung (57%). Regionale Unterschiede bei der Schulwahl sind zwar zu berücksichtigen, können das eindeutige Bild der frühen sozialen Selektion jedoch nicht aufheben.
Bildungschancen werden nicht nur durch das Einkommen der Eltern, sondern auch durch deren Bildungshintergrund bestimmt. Bei Erwachsenen zwischen 25 und 59 Jahren sieht man einen deutlichen Zusammenhang zwischen ihrem aktuellen Bildungsstand und dem Bildungsstand ihrer Eltern, als sie selbst 14 Jahre alt waren (siehe Tabelle 4): Hatten die Eltern damals höchstens Pflichtschulbildung, erreichen die Kinder zu 27% auch selbst nur einen Pflichtschulabschluss, 7% absolvieren ein Studium. Bei Eltern mit weiterführender Bildung haben umgekehrt 6% der Kinder einen Pflichtschul- und 28% einen Studienabschluss.
Auf den aktuellen Lebensstandard hat das Bildungsniveau der Eltern ebenso Einfluss: Es ergibt sich ein Armuts- und Ausgrenzungsrisiko von 21% für Personen aus bildungsfernen Elternhäusern (Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss) gegenüber 15% für Erwachsene mit Eltern, die einen weiterführenden Abschluss erreicht haben. Bedingungen wie eigene Erwerbstätigkeit und Qualifikation usw. dürfen dabei als erklärende Faktoren natürlich nicht außer Acht gelassen werden – dass diese ihrerseits in Abhängigkeit von sozialen Herkunftsfaktoren stehen, legen die Daten jedoch zumindest für die Bildung nahe.
Detaillierte Ergebnisse bzw. weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Webseite sowie in den FAQs zum Thema Armut und soziale Eingliederung (PDF, ca. 350 KB).
Informationen
zur Methodik, Definitionen:
EU-SILC: EU-Gemeinschaftsstatistik über
Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income
and Living Conditions). EU-SILC sammelt seit 2003 jährlich Informationen
über die Lebensbedingungen der Menschen in Privathaushalten in der
Europäischen Union. Für Österreich führt Statistik Austria dieses
Projekt durch, bei dem pro Jahr rund
Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung, Europa
Armutsgefährdung meint ein im Verhältnis
zur Mitte der Bevölkerung geringes Haushaltseinkommen: Als armutsgefährdet
gelten in der EU jene Haushalte, deren äquivalisiertes (=bedarfsgewichtetes
Pro-Kopf-) Nettohaushaltseinkommen unter 60% des Medians aller äquivalisierten
Nettohaushaltseinkommen des Landes liegt. Das war in Österreich laut
EU-SILC 2019 ein Betrag von
Personen in Haushalten mit keiner oder sehr
niedriger Erwerbsintensität: Ein Haushalt mit geringer Erwerbsintensität
schöpft weniger als 20% seines Erwerbspotenzials aus – berechnet
auf Grundlage aller 18- bis 59-jährigen Personen im Haushalt (ohne
Studierende).
Europäischer Mindestlebensstandard: Erhebliche
materielle Deprivation wird bei Zustimmung zu mindestens vier
von neun Aussagen über die Leistbarkeit von Gütern/Bedürfnissen für
den Haushalt festgelegt. Der Haushalt kann sich Folgendes nicht leisten:
- regelmäßige Zahlungen in den letzten zwölf Monaten rechtzeitig
zu begleichen (Miete, Betriebskosten, Kreditrückzahlungen, Wohnnebenkosten,
Gebühren für Wasser, Müllabfuhr und Kanal, sonstige Rückzahlungsverpflichtungen);
- unerwartete Ausgaben bis zu
- die Wohnung angemessen warm zu halten;
- jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch (oder entsprechende vegetarische
Speisen) zu essen;
- einmal im Jahr eine Woche auf Urlaub zu fahren;
- einen Pkw;
- eine Waschmaschine;
- ein Fernsehgerät;
- ein Festnetztelefon oder Handy.
EU-SILC-Sondermodul 2019 zu „intergenerationaler Übertragung von
Benachteiligungen“: Es geht darin um die Vererbung von Teilhabechancen
bzw. die Weitergabe von Bildungs-, Einkommens- und Erwerbschancen von
Eltern an ihre Kinder. Dazu wurden alle 25- bis 59-Jährigen (Jahrgang
1960–1994) befragt. Referenzzeitpunkt für die Fragen ist immer der
Zeitpunkt, an dem die Befragten selbst 14 Jahre alt waren.
Rückfragen zum Thema beantworten in der Direktion
Bevölkerung, Statistik Austria:
Mag. Nadja LAMEI, Tel.:
Mag. Richard HEUBERGER, Tel.:
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