Das Konzept der Kaufkraftparitäten (KKP) befindet sich im Spannungsfeld zwischen reiner Preisstatistik und Volkwirtschaftlicher Gesamtrechnung, dessen Etablierung einen nicht unbeträchtlichen Zeit- und Kostenaufwand notwendig macht. Beim internationalen Vergleich monetärer Größen weisen KKP jedoch im Verhältnis zu Wechselkursen (WK) ein stabileres Verhalten im Zeitablauf auf, denn WK werden zunächst von Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten, sowie von unmittelbar geldpolitischen Maßnahmen determiniert (z. B. Zinsfestsetzungen, währungspolitische Entscheidungen). Aber auch andere Faktoren spielen bei der Festlegung der WK eine Rolle (Katastrophen, psychologische Phänomene, Spekulation, politische Momente) – sie spiegeln also neben den reinen Preisunterschieden auch andere Komponenten wider.
Kaufkraftparitäten sind in ihrer elementarsten Form
Preisrelationen für ein vergleichbares Produkt (Gut oder Dienstleistung)
in verschiedenen Ländern. Als Ausgangspunkt dienen dabei sämtliche Preise in Landeswährung.
Vergleiche auf Basis von Kaufkraftparitäten stützen sich also auf Verhältniszahlen
von Verbraucherpreisen in verschiedenen Währungen für identische bzw. vergleichbare Produkte (z.B. 1 kg Reis, 1 Flasche
Whisky, 1 PKW, 1 PC, 1 Nächtigung im Hotel, 1 Gericht im Restaurant).
Diese Güter und Dienstleistungen werden in detaillierten Produktbeschreibungen
vor der Preiserhebung sorgfältig definiert und unter Repräsentativitäts-Gesichtspunkten
ausgewählt. Der zugrundeliegende Warenkorb des ECP-Erhebungszyklus‘
2016
Beispiel: Wenn ein Liter Coca-Cola in Österreich 2,00 EUR kostet und in den USA 1,60 USD, so wäre die KKP für dieses Produkt zwischen Österreich und den USA 2,00/1,60, der Quotient also 1,25. Mit anderen Worten: für jeden USD, der in den USA für einen Liter Coca-Cola ausgegeben wird, müssten in Österreich 1,25 EUR bezahlt werden, um die gleiche Quantität und Qualität (= das gleiche „Volumen“) von diesem Getränk zu erhalten.
Mit anderen Worten: KKP geben also an, wie viele ausländische Währungseinheiten für den Kauf eines vergleichbaren (Teiles eines) Warenkorbes aufgewendet werden müssen, den man im Inland für eine inländische Geldeinheit erhält.
KKP werden zunächst wie oben beschrieben für ein individuelles Produkt (Item) berechnet, später zu kleinsten Gütergruppen zusammengefasst und schließlich zur gesamtwirtschaftlichen Endnachfrage aggregiert.
Kaufkraftparitäten als ein Set von Währungs-Umrechnungskursen stellen Austauschrelationen dar, mit deren Hilfe man monetäre statistische Daten verschiedener Länder, z.B. das BIP pro Kopf, vergleichbar machen kann. Dabei gilt es, diese makroökonomischen Daten, in eine gemeinsame Währung aller Teilnehmerländer zu konvertieren. Innerhalb des Eurostat-OECD-Programms nennt man diese künstliche Währung „Kaufkraftstandard“. Der KKS kann inhaltlich als die kaufkraftmäßige Entsprechung des Euro interpretiert werden – als Euro auf realer Basis. Rechentechnisch erfolgt die Umwandlung der originären KKP der jeweiligen Landeswährung zum KKS durch Bildung des Durchschnitts der Relationen der nationalen KKP zu allen EU-Ländern.
Beispiel: Für Österreich würde dies bedeuten, dass sich die KKP „AT-EUR/KKS“ als geometrisches Mittel aus folgendem Set von Relationen ermitteln lässt: AT-EUR/AT-EUR(= 1), „AT-EUR/BE-EUR“, „AT-EUR/DE-EUR, AT-EUR/DKK“, AT-EUR/GBP“, u. s. w.
Da z.B. in Österreich nicht alle Dinge gleich teuer/günstig sind wie in Belgien oder Deutschland, verzeichnet ein EUR in Österreich eine andere Kaufkraft als in diesen beiden Ländern. Ein „Österreich-Euro“ kann dadurch ein anderes Verhältnis zur Durchschnitts-Währung KKS aufweisen als ein „Deutschland-Euro“. Der KKS ist somit eine Referenzgröße und gilt als eine Art spezifische Kombination aller EU-Währungen.
Siehe auch unter Europäische Indikatoren